Dinkelbrot mit flüssigem Sauerteig

Kleiner Brotbackkurs

Im Sauerteig vollziehen die Milchsäurebakterien ein lebendiges Verwandeln in der Getreidesubstanz, bei dem Milchsäure (Laktat) entsteht. Sie ist eine dem Menschen sehr vertraute und nahe stehende Substanz, da sie im Darm, auf den Schleimhäuten, wie auch im Energiestoffwechsel der Zellen eine lebenswichtige Rolle einnimmt.

In der Brotbereitung mit Sauerteig wird die kompakte Stärke abgebaut und die dynamischere Milchsäure sowie die Vitamin C und B aufgebaut. Die Ausgangsstoffe erhalten in diesem Vorgang eine zunehmende Leichtigkeit und können von der Verdauung aktiver ergriffen werden. Milchsäurebakterien bzw. die Milchsäure und der Mensch bilden eine sehr fruchtbare Koexistenz, die in ihrer Bewegungsrichtung auf die Förderung des Menschen ausgerichtet ist.

Damit nun der Sauerteig eine gute Triebkraft entfaltet, benötigen die Milchsäurebakterien möglichst ideale Bedingungen, um arbeiten zu können. Deshalb wird der Sauerteig vor dem Backen aufgefrischt. Von dem aufgefrischten Sauerteig (als Anstellgut bezeichnet) werden dann etwa 200 g auf 1 kg Gesamtmehlmenge benötigt. Dieses Mengenverhältnis gilt sowohl bei Verwendung von festem als auch von flüssigem Sauerteig. Von 1 kg Mehlmenge kann man 4 kleine Brote à 450 g backen.

Bei Verwendung des flüssigen Sauerteigs empfiehlt sich ein weiterer kleiner Arbeitsschritt, durch den der Sauerteig noch aktiver und die Brote milder werden. Dabei wie folgt vorgehen:

Morgens: Sauerteig auffrischen
20 g flüssigen Sauerteig
20 g lauwarmes Wasser
20 g Dinkelmehl hell

Abends: Vorteig ansetzen
40 g von dem aufgefrischten Sauerteig (den Rest kann man wieder zum Sauerteig im Kühlschrank geben)
90 g lauwarmes Wasser
100 g Dinkelmehl hell

Morgens: Hauptteig bereiten
230 g Vorteig
1 kg Dinkelmehl hell oder Vollkorn
550 g Wasser lauwarm ca. 30° (falls nötig noch etwas Wasser zugeben. Besonders Vollkornmehl benötigt etwas mehr Wasser)
18 – 20 g Salz
20 g Gerstenmalz aktiv (dies fördert die Enzymatik, d.h. die Gehfreudigkeit des Teiges, da vor allem Weißmehl eine schwächere Enzymatik hat. Roggenmehl ist enzymaktiver)
Gewürze
(Kümmel, Koriander, Fenchel, Anis nach Belieben)

Die Fäden halten die Gärgase im Teig, wodurch die Teiglockerung entsteht.

Beim Bearbeiten des Teiges entwickelt sich verstärkt das sogenannte Glutengerüst. Es wirkt wie ein feines Netz im Teig, in dem sich die Gärgase fangen und den Teig aufgehen lassen.

Im fertig gebackenen Brot bildet das Glutengerüst eine feine elastische innere Struktur, die es spannkräftig und dynamisch macht. In klebrigen, kompakten Broten fehlt in der Regel diese innere Struktur und sie werden daher oft als schwer empfunden.*

alles mischen und 10 – 12 Stunden in einem hohen Glas bei Zimmertemperatur um die 20° C fermentieren lassen. Der flüssige Teig geht ungefähr um das Doppelte auf und zeigt eine deutliche Bläschenbildung.

alles mischen und bereits in den Behälter, in dem der Hauptteig gemacht werden soll geben. Wieder bei Raumtemperatur bis zum Morgen 10 – 12 Stunden stehen lassen.

Den Vorteig mit dem lauwarmen Wasser verrühren. Die trockenen Zutaten Mehl, Salz, Gerstenmalz und Gewürze vermischen und dann zufügen. Alles gut vermischen und den Teig etwa 10 Minuten bearbeiten. Dabei kann man beobachten, wie aus dem anfangs noch recht unzusammenhängenden Mehl-Wasser-Gemisch ein gut verbundener elastischer und homogener Teig wird.

Statt Drücken den Teig heben beim Bearbeiten, hier jedoch ein klebriger Roggenteig

Ein gut gelungener Brotteig dehnt sich in den Raum hinein aus, er geht auf. Er bleibt nicht schwer am Boden, sondern erhebt sich in die Luftsphäre und die anfangs dichten Mehle gewinnen ein leichtes luftiges Element. So kann man sich bereits beim Bearbeiten des Teiges vorstellen, diesen mehr zu sich in den Raum zu ziehen, anstatt ihn zu drücken und nieder zu kneten.

Teigruhe zum Fermentieren

Den Teig wieder in die Schüssel legen und nun an warmem Ort aufgehen lassen. Je nach Temperatur benötigt dies 3 – 5 Stunden. Eine Wärmflasche unter der Teigschüssel (Vorsicht – nicht zu heiß) ist an kühleren Tagen eine gute Hilfe.

Teig zu Broten formen

Wenn das Teigvolumen sich verdoppelt hat, dann die Arbeitsfläche mit Mehl bestäuben, den Teig in 4 Teile teilen und jeden Teil mehrmals falten oder rund wirken, um das Glutengerüst im Teig weiter aufzubauen und den Teig in seiner Spannkraft zu stärken. Die Spannkraft im Teig nimmt dabei deutlich wahrnehmbar zu, denn der Teig wird zunehmend widerständiger. Darauf achten, beim Falten des Teiges nicht zu viel Mehl einzuarbeiten, damit er nicht zu fest wird oder Mehlnester im Brot entstehen.

Die geformten Teiglinge in Gärkörbchen oder Kastenformen legen

Den so geformten Teig in die ausgemehlten Gärkörbchen (es können dafür auch normale Brotkörbchen verwendet werden mit einer Baumwollserviette ausgelegt und mit Mehl bestäubt) oder in gefettete Brotbackformen legen und mit Plastikhauben bzw. mit Aluminiumfolie abdecken und für 1 – 2 Stunden bei etwa 30° gehen lassen. Der Teig sollte um 1/3 bis um das Doppelte aufgehen.

In einem Teig sind verschiedene Mikroorganismen tätig. Milchsäurebakterien bilden die mildere Milchsäure, Essigsäurebakterien die schärfere Essigsäure. Jede Art bevorzugt andere Temperaturbereiche. Essigsäurebakterien gedeihen am besten zwischen 25° – 30° während Milchsäurebakterien etwas höhere Temperaturen lieben, bis – 35°. Bei der heute oft praktizierten langen kalten Teigführung im Kühlschrank über 24 Stunden oder länger entwickeln sich verstärkt die Essigsäurebakterien.

Aufgegangener Teig bevor er geformt
und in die Gärkörbchen oder Kastenformen
zur letzten Gare vor dem Backen gelegt wird.

Teig im Gehkörbchen

Aufgegangener Teig

Ofen aufheizen – rechter Zeitpunkt des Backens

Etwa 20 Min. bevor der Teig ausreichend gegangen ist (mit zunehmender Erfahrung wird man einen Blick für den rechten Zeitpunkt ausprägen), den Ofen auf höchste Stufe aufheizen (etwa 230° – 250°, je nach Herd).

Wenn der Teig zu viel aufgegangen ist, dann kann das Glutengerüst die Ausdehnung beim Backen nicht halten und das Brot fällt ein. Ist es zu wenig aufgegangen vor dem Backen, dann ist der Ofentrieb zu stark und das Brot reißt zu stark auf. Beide Male leidet dadurch die Harmonie und Ausgeglichenheit im Brot.

Beinahe schon zu stark aufgegangener Teig

Brote in den Ofen schieben

Den gut gegangenen Teig in den Kastenformen mit der Aluminiumfolie bedeckt in den aufgeheizten Ofen schieben. Nach 10 Minuten die Temperatur auf 200° – 175° zurückschalten. Nach weiteren 20 Minuten die Aluminiumfolie abnehmen, damit sich eine Kruste mit goldbrauner Farbe bilden kann. Das Brot noch weitere 30 Minuten backen, dann aus dem Ofen nehmen und auf einem Gitter ohne Form auskühlen lassen, damit die Kruste gleichmäßig abtrocknen kann.

Bei Verwendung von Gärkörbchen, die Teiglinge auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech stürzen und mit einer Rasierklinge oder sehr scharfem Messer einschneiden. Um eine goldbraune Kruste zu erhalten wird sofort nach dem Einschieben der Brotteiglinge ein kräftiger Dampfschwaden benötigt. Dieser kann erzeugt werden, indem ein feuerfester flacher Behälter im Ofen mit aufgeheizt wird, in den sofort nach dem Einschieben des Brotes eine kleine Tasse heißes Wasser gegossen wird. Statt dessen kann man auch mit einer Sprühflasche mit vollem Strahl kräftig die heißen Ofenwände anspritzen. Die Backofentüre sofort schließen, damit der Dampf im Backrohr bleibt und sich auf die Brote niederschlagen kann. Nach 10 Minuten die Temperatur auf 200° – 175° zurückschalten und die Backofentüre kurz öffnen, damit der Dampf wieder entweichen kann und die Kruste knusprig wird. Das Brot noch weitere 50 Minuten backen, dann aus dem Ofen nehmen und auf einem Gitter auskühlen lassen.

* Roggen enthält – anders als Dinkel und Weizen – weniger Klebereiweiß und dafür Schleimstoffe (sogenannte Pentasane). Diese erhöhen die Wasseraufnahmefähigkeit des Teiges, weshalb Roggenbrote saftiger werden.
Gleichzeitig lassen die Schleimstoffe aber den Teig sehr klebrig werden und reine Roggenbrote, vor allem aus Vollkornmehl, sind eher kompakter.
Die Struktur im Roggen-Brot entsteht weniger durch ein Glutengerüst das dehnbar ist, sondern mehr durch ein verkleisterndes Stärkegerüst.
Dennoch ist es möglich durch gutes Kneten, verbunden mit der konkreten Vorstellung eines aufgelockerten Brotes, eine gewisse Ausdehnung und Leichtigkeit im Brot zu erzeugen, sodass ein gutes Roggenbrot nicht als schwer oder klebrig im Mund erlebt wird.